München/Bonn – Wenn Geschwister gemeinsam erben, kann das schnell in einen Streit ausarten. Angenommen, sie haben ein Mehrparteien-Mietshaus in Toplage vermacht bekommen. Nun sind sie uneinig darüber, was mit der Immobilie passieren soll. Was also tun?
Die Lage ist verzwickt, denn die Erbengemeinschaft kann nur einstimmig entscheiden. «Ein querulatorischer Miterbe kann den anderen das Leben zur Hölle machen», sagt Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht aus München.
Um das Dilemma zu lösen, gibt es einen juristischen Weg: die Teilungsversteigerung. Dabei wird die Immobilie zwangsversteigert. Etwas Unteilbares, nämlich das Haus, wird in etwas Teilbares umgesetzt, nämlich in Geld. Damit können die Erben den Erlös unter sich aufteilen. «Jeder Miterbe, egal wie groß sein Anteil ist, kann beantragen, dass die Immobilie, die ihm in der Erbengemeinschaft mitgehört, versteigert wird», erläutert Steiner. Andere Mitglieder haben keine rechtlichen Möglichkeiten, das zu verhindern.
Anlaufstelle für den Antrag ist das Versteigerungsgericht, eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Das Gericht wird in einem ersten Schritt einen Sachverständigen damit beauftragen, ein Gutachten zu erstellen und den Versteigerungswert festzusetzen.
Das kostet allerdings Geld. Neben Gerichtskosten muss auch die Arbeit des Sachverständigen und gegebenenfalls die des Anwalts bezahlt werden. Generell gilt: «Je wertvoller die Immobilie ist, desto höher sind die Kosten», erläutert Jan Bittler, Rechtsanwalt aus Heidelberg. Ist der Antragsteller ohne Vermögen, kann er unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe beantragen.
«Die Zeit, in der der Antrag auf Teilungsversteigerung bei Gericht anhängig ist, können die Angehörigen einer Erbengemeinschaft dazu nutzen, eventuell doch noch zu einer Einigung zu kommen», sagt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht aus Bonn. Er ist Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögensvorsorge. Ähnlich sieht es Steiner, der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht ist. «Oft ist der Antrag auf Teilungsversteigerung ein Türöffner bei festgefahrenen Verhandlungen in der Erbengemeinschaft.»
Der Vorteil: «Der Antrag auf Teilungsversteigerung kann jederzeit wieder zurückgenommen werden», sagt Bittler. Bleibt die Erbengemeinschaft weiter zerstritten, setzt das Gericht einen Termin fest, nachdem der Beschluss auf Teilungsversteigerung publik wurde.
Eines der größten Risiken bei der Versteigerung: Die Immobilie geht weit unter ihrem Wert weg. Um das zu verhindern, sollten Erben mitbieten, rät Rott. Bei der öffentlichen Versteigerung sollte daher unbedingt der Antragsteller anwesend sein.
Bleibt er der Versteigerung fern, kann schon beim ersten Termin ein Bieter den Zuschlag erhalten, auch wenn er weniger als 70 Prozent des Schätzwertes bietet. Ist der Antragsteller anwesend, kann er gegenüber dem Gericht beantragen, dass ein solches Gebot abgelehnt wird. Kommt es zu einem zweiten Termin, muss das Gericht Nein sagen, wenn das Gebot nicht mindestens 50 Prozent des Wertes entspricht. Bei einem dritten Termin gibt es keine Grenze mehr.
«Im Schnitt dauert das Verfahren um eine Teilungsversteigerung anderthalb Jahre», sagt Bittler, der auch Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge ist.
Damit solcher Ärger nicht entsteht, können Erblasser Vorkehrungen treffen. «So kann er etwa eine Auseinandersetzung der Erben testamentarisch ausschließen», erklärt Rott. Damit der Wille des Erblassers umgesetzt wird, kann er einen Testamentsvollstrecker einsetzen. «Der Erblasser kann aber auch die Weichen stellen, indem er eine Erbengemeinschaft erst gar nicht zulässt.» Dann bekommt nur einer das Haus – und die anderen etwas Gleichwertiges.
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(dpa/tmn)