Frankfurt/Main – Künftige Lebensversicherungskunden müssen sich auf einen geringeren Garantiezins einstellen. Der Garantiezins – auch Höchstrechnungszins genannt – liegt seit 2017 bei 0,9 Prozent.
Einst waren es bis zu 4 Prozent. Die endgültige Entscheidung trifft das Bundesfinanzministerium auf Grundlage der DAV-Berechnungen und Empfehlungen der Finanzaufsicht Bafin.
«Wir schlagen dem Bundesfinanzministerium vor, den Höchstrechnungszins ab 1. Januar 2021 für Neuverträge auf 0,5 Prozent festzulegen», sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), Guido Bader, der Deutschen Presse-Agentur.
Hintergrund des Vorschlags der Versicherungsmathematiker ist die anhaltende Zinsflaute am Kapitalmarkt. «Die Niedrigzinsen treffen alle Finanzprodukte – ob Fondssparer, Spareinlagen oder private Lebens- und Rentenversicherungen», sagte Bader. Im Vergleich zu manchen anderen Geldanlagen sei die Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers aber immer noch gut.
Versicherer dürfen weniger als den Höchstrechnungszins bieten, aber nicht mehr. Damit soll verhindert werden, dass sich die Unternehmen übernehmen. Sie sollen ihre Versprechen auch in Zukunft erfüllen können. Die Anpassungen gelten jeweils nur für Neuverträge, die nach der Änderung abgeschlossen werden. Für Besitzer mit lukrativen Altverträgen mit einem Garantiezins von bis zu 4 Prozent ändert sich in diesem Punkt nichts.
Überschussbeteiligung sinkt
Der Garantiezins ist Teil der für Kunden wichtigen laufenden Verzinsung. Hinzu kommt die Überschussbeteiligung. Über deren Höhe entscheiden die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu. Auch diese sinkt wegen der Zinsflaute seit geraumer Zeit.
Die ersten der rund 80 Lebensversicherer haben ihre Daten für 2020 veröffentlicht. So senkt unter anderem der deutsche Branchenprimus, die Allianz Leben, die laufende Verzinsung. Das gilt auch für die Alte Leipziger und die Nürnberger Leben. Andere wie Axa und die Ideal Lebensversicherung halten sie stabil. Die laufende Verzinsung bezieht sich auf den Sparanteil, den der Versicherer nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten sowie dem Beitrag für einen Todesfallschutz anlegt.
Angesichts der Zinsflaute fällt es den Versicherern zunehmend schwer, die hohen Zusagen der Vergangenheit zu erwirtschaften. Viele Unternehmen bieten mittlerweile Produkte ohne klassischen Garantiezins an. Sie setzen im Neugeschäft auf Verträge, die lediglich den Erhalt der eingezahlten Beiträge ganz oder teilweise zusagen. Dafür sollen sie eine etwas höhere Rendite abwerfen.
«Grob geschätzt bietet noch etwa ein Drittel der Unternehmen klassische Produkte mit jährlicher Zinsgarantie in Höhe des Rechnungszinses an», sagte Bader. Der Höchstrechnungszins spiele allerdings für jedes Produkt eine Rolle, das eine feste Zusage enthalte.
Bader appellierte an das Bundesfinanzministerium, bis Ende Januar Klarheit zu schaffen, «ob es den Höchstrechnungszins absenken will, in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt». Änderungen bedeuteten neue Produktkalkulationen sowie Anpassungen bei der IT. «Dafür brauchen die Unternehmen Zeit», sagte Bader. In der Vergangenheit war das Ministerium häufig dem Vorschlag der Versicherungsmathematiker gefolgt.
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(dpa)