Berlin – Keine Frage: Optisch ansprechend ist ein Steuerbescheid nicht wirklich. Doch von der nüchternen Gestaltung sollte sich niemand abschrecken lassen – im Gegenteil. «Oft verstecken sich in den Bescheiden Fehler», erklärt Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BDL) in Berlin.
Fast zwei Drittel der angefochtenen Steuerbescheide waren in den vergangenen Jahren fehlerhaft und mussten geändert werden, berichtet die Zeitschrift «Finanztest» (Heft 8/2017) der
Stiftung Warentest. Und zwar zugunsten der Steuerzahler. Deshalb lohnt es sich eigentlich fast immer, den Steuerbescheid unter die Lupe zu nehmen.
Und zwar nicht nur, weil das Finanzamt etwas übersehen hat. «Auch ich selber kann ja vergessen haben, Kosten geltend zu machen», erklärt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Mit einem Einspruch können solche Posten noch nachgereicht werden. «Die Korrektur funktioniert also in zwei Richtungen.»
Und keine Sorge: Eine Ausbildung zum Steuerberater muss man für die Kontrolle des Bescheids nicht machen. Denn manchmal liegen die Fehler im Detail: «Stimmt etwa die Bankverbindung?», stellt Rauhöft eine grundlegende Frage. «Das ist bei Erstattungen schließlich wichtig.» Auch ob dem Steuerzahler eine Sparzulage gewährt wurde, erfährt er oft schon auf der ersten Seite.
«Fehler können grundsätzlich in allen Bereichen auftreten», erklärt Rauhöft. Häufig kommt es zum Beispiel vor, dass Daten fehlerhaft übermittelt wurden. Denn das Finanzamt hält sich zunächst an die Angaben, die Arbeitgeber, Rentenversicherer, Krankenkassen oder andere Behörden elektronisch übermitteln.
Ein Beispiel: Wird der Krankenkassenbeitrag Ende Dezember überwiesen, kommt das Geld oft erst im Januar bei der Versicherung an. Daher fehlt der Monatsbeitrag in der Meldung der Krankenkasse. Auch die Daten von Arbeitgebern oder Rentenversicherungsträgern müssen nicht immer korrekt sein. Das Missverständnis aufklären muss der Steuerzahler, erläutert die Stiftung Warentest.
Aber auch die Rechtsprechung stellt dem Finanzamt mitunter eine Falle beim Erstellen der Steuerbescheide. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom Januar beispielsweise können Steuerzahler nun mehr Ausgaben als außergewöhnliche Belastung in ihrer Steuererklärung geltend machen als bisher.
So gilt zwar weiterhin eine zumutbare Eigenbelastung. Allerdings kann der Eigenanteil laut BFH gestaffelt nach den Prozentsätzen der gesetzlich vorgegebenen Stufen ermittelt werden (Az.: VI R 75/14). Bis zu diesem Urteil hatten die Finanzämter beim Berechnen des Eigenanteils den jeweils höchsten Prozentsatz angewandt.
Zwar hat das Bundesfinanzministerium am 1. Juni mitgeteilt, die günstigere Rechenregel grundsätzlich anzuwenden. Allerdings fehlt ein Stichtag, ab wann die Finanzämter die geänderte Berechnungsweise berücksichtigen. «Sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass das Finanzamt die neue Rechtsprechung berücksichtigt hat», sagt Klocke.
Wer prüfen möchte, ob das Finanzamt die neue Rechenweise angewendet hat, kann die Rechner der Finanzverwaltung nutzen. Unter anderem die Oberfinanzdirektion Niedersachsen stellt auf ihrer Internetseite einen aktualisierten
Onlinerechner zur zumutbaren Eigenbelastung zur Verfügung. Hat das Finanzamt die neue Rechenweise nicht angewandt, sollte Einspruch gegen den Steuerbescheid erhoben werden.
Wichtig bei der Steuererklärung für 2016: Wurden zusätzliche Belege an das Finanzamt geschickt, kann es passieren, dass diese nicht berücksichtigt sind. Der Grund: «Oft landen die Steuererklärungen nicht mehr auf dem Schreibtisch eines Bearbeiters», erklärt Rauhöft. Denn elektronische Erklärungen werden meist automatisch verarbeitet.
Für die Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2017 soll das daher vereinfacht werden: «Dann kann man in den elektronischen Formularen einen Vermerk machen, dass zusätzliche Dokumente an das Finanzamt geschickt wurden», erklärt Rauhöft.
Den Bescheid zu prüfen, lohnt auch noch aus einem anderen Grund: «Mitunter macht das Finanzamt einem Steuerzahler Auflagen, die in dem Steuerbescheid mitgeteilt werden», sagt Rauhöft. Werden zum Beispiel bei Auswärtstätigkeiten spezielle Anforderungen an die Aufzeichnung von Fahrten gestellt, sollten sich Steuerzahler daran halten. «Andernfalls kann es passieren, dass die Kosten nicht anerkannt werden.» Und das wäre dann kein Fehler des Finanzamtes.
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(dpa/tmn)