Berlin – Die Zeit drängt: Nur noch gut ein Monat bleibt, um einen harten Brexit am 29. März abzuwenden. Und eine Lösung für ein geregeltes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ist noch immer nicht da.
Das bereitet nicht nur Politikern in London und Brüssel graue Haare. Es verunsichert auch Verbraucher in Deutschland. Müssen deutsche Urlauber, Anleger und Studenten sich Sorgen machen? Ein Überblick:
Urlauber:
Reisende können aufatmen: Bei einem ungeregelten Brexit soll der Flugverkehr in Europa weitgehend intakt bleiben. Ein Notfallplan sieht vor, dass Sicherheitszertifikate für Flugzeuge von britischen Airlines für neun Monate weiter gelten sollen. Das biete genug Zeit, die Bescheinigungen bei der europäischen Luftfahrtbehörde EASA zu erneuern. Eine weitere Regelung besagt nach Angaben des Europäischen Rats, dass Airlines mit britischer Lizenz für bis zu sieben Monate Verbindungen zwischen Großbritannien und den übrigen 27 EU-Staaten aufrecht erhalten können.
Bei der Einreise wurde schon bislang genauer kontrolliert, da Großbritannien nicht zu den Mitgliedern des Schengener Abkommens gehört. Bislang ist lediglich ein Personalausweis Pflicht – damit werden Urlauber laut
Auswärtigem Amt auch bis mindestens 31. Dezember 2020 nach Großbritannien einreisen dürfen. Der Bund der Versicherten rät bei Auslandsreisen grundsätzlich zu einer privaten Auslandsreise-Krankenversicherung. Diese zahlt im Krankheitsfall auch für den Rücktransport nach Deutschland.
Die gute Nachricht für
Urlauber: Für sie werden Reisen nach Großbritannien günstiger, wie das
Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) erklärt. Das Britische Pfund habe an Wert verloren – somit fallen im Urlaub geringere Nebenkosten an.
Anleger:
Auch an den Börsen sorgt der Brexit für Unsicherheit.
Anleger sollten aber Ruhe bewahren. Wer sein Geld nicht dringend braucht, kann geduldig bleiben, bis sich die Unruhe wieder gelegt hat. Selbst Aktienfonds mit Schwerpunkt Europa sind nach Angaben der Stiftung Warentest immer noch so breit gestreut, dass sie sich als Basisinvestment eignen. Wem der Anteil Großbritanniens in diesen Produkten zu groß ist, der kann zu weltweit anlegenden Fonds greifen.
Versicherte:
Kunden von britischen Lebensversicherern haben in letzter Zeit Post bekommen: Die Anbieter übertragen die Verträge von EU-Bürgern auf Tochtergesellschaften in Luxemburg und Irland. Für Betroffene aber kein Grund zur Panik, erklärt die Stiftung Warentest. Die Ansprüche und garantierten Leistungen bleiben erhalten.
Wichtigste Änderung: Die Verträge bei den Tochtergesellschaften stehen nicht mehr unter dem Schutz des britischen Financial Services Compensation Scheme (FSCS). Dieser Entschädigungsfonds springt ein, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig wird. Einen vergleichbaren Schutz für Kunden gibt es den Angaben nach in Luxemburg und Irland nicht. Dennoch können Kunden den Vertrag fortführen, wenn sie sich nicht an dem geänderten Insolvenzschutz stören. Wird der Vertrag jetzt fällig, können Kunden sich die Versicherungssumme auch auszahlen lassen, statt eine monatliche Rente zu beziehen.
Studenten:
Bislang ist Großbritannien Programmland von Erasmus+. Derzeit gibt es aber keine verbindlichen Aussagen über den Verbleib oder zum zukünftigen Status im Programm, wie die
Bundesregierung erklärt. Bei einem ungeregelten Brexit könnte die Förderung bei einem Studienaufenthalt in Großbritannien entfallen, teilt die Nationale Agentur des
Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) mit. Die Europäische Kommission hat Ende Januar aber einen Notfallvorschlag vorgelegt. Demnach sollen Erasmus-Studenten, die zum Zeitpunkt des Brexits in Großbritannien sind, ihren Aufenthalt über den geplanten EU-Austritt der Briten hinaus abschließen können.
Handynutzer:
Bei Reisen auf die Insel könnten wieder Roaming-Gebühren anfallen, erklärt das EVZ. Derzeit gibt es solche Gebühren etwa bei einem Handytelefonat von London nach Deutschland nicht, weil sie innerhalb der EU abgeschafft wurden. Nach dem Brexit entfalle diese Regelung. Was auch passieren kann, zeigen die Beispiele anderer europäischer Nicht-EU-Länder wie der Schweiz. Diese gruppieren manche Mobilfunkanbieter trotzdem freiwillig in den Euro-Tarif ein – manche aber auch nicht. Die
Telekom beispielsweise hat bereits erklärt, Großbritannien nach einem Brexit zumindest vorerst weiter wie ein EU-Land behandeln zu wollen.
Online-Shopper:
Beim Shopping im Internet können Kunden weiter davon profitieren, dass Preise auf englischen Seiten unter Umständen günstiger sind. Ein Verbraucher aus Deutschland, der in einem britischen Onlineshop bestellen möchte, darf nur nach ausdrücklicher Zustimmung auf eine deutsche Seite des Shops weitergeleitet werden. Ihm darf der Zugriff auf die englische Seite nicht verwehrt werden, erklärt das EVZ. Denn nicht nur Online-Händlern aus der EU sei es verboten, Kunden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohn- oder Unternehmenssitzes zu diskriminieren, sondern auch Onlinehändlern aus Drittländern, die ihre Waren in die EU verkaufen.
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(dpa/tmn)