Kehl – Noch ist unklar, welche Auswirkungen der Brexit haben könnte. Wer finanzielle Verbindungen zu Großbritannien hat, sollte offene Fragen rund um den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU jetzt rasch klären. Dazu rät Finanzexpertin Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) in Kehl.
Sollte jetzt handeln, wer in Großbritannien angelegt hat?
Karolina Wojtal: Die Entwicklung ist ein Blick in die Glaskugel. Aber klar ist, dass das Pfund seit dem Votum dramatisch an Wert verloren hat. Auch wie Sparer künftig im Fall einer Bankpleite gesichert sind, ist unklar. Bislang sind aufgrund einer EU-Richtlinie 75.000 britische Pfund pro Sparer vereinbart. Wird das britische Pfund abgewertet, ist mit einer weiteren Absenkung des Schutzniveaus zu rechnen. Nach einem
Brexit fällt die EU-Einlagensicherung erst einmal weg und müsste durch eigene Instrumente ersetzt werden.
Eine Zeit lang war es auch gang und gäbe, dass Verbraucher Kredite im Vereinigten Königreich aufgenommen haben. Ihre Unsicherheit wird nun teilweise ausgenutzt. Einige Unternehmen drängen dazu, umzuschichten. Aber ein Verbraucher, der von sich aus kündigt, kommt nicht kostengünstig aus dem Vertrag. Provision und Abschlussgebühren sind in der Regel nicht erstattungsfähig. Zum Teil steckt dahinter eine Betrugsmasche: Unseriöse Unternehmen wollen an Ausweiskopien und Finanzdaten kommen.
Werden Überweisungen nach Großbritannien künftig schwieriger?
Wojtal: Bei einem Brexit ohne Abkommen vermutlich wirklich. Das Vereinigte Königreich arbeitet derzeit mit dem Euro-Zahlungsraum SEPA zusammen. Inwiefern es Teil des SEPA-Raumes bleibt, lässt sich nicht absehen. Von einer günstigen SEPA-Überweisung profitieren Bankkunden aber schon jetzt nur, wenn Ausgangs- und Empfängerkonto in Euro geführt werden. Sonst fallen Wechselgebühren zum Tageskurs an. Da die Gebühren stark schwanken, lohnt es sich, vorher Informationen von der Bank einzuholen.
Frage: Was ändert sich für Verbraucher mit britischer Versicherung?
Wojtal: Vor allem Lebensversicherungen britischer Anbieter waren lange steuerlich attraktiv. Für Kunden sollte das Thema aber mittlerweile geklärt sein: Die meisten Unternehmen haben Tochterunternehmen oder Niederlassungen in Luxemburg, Deutschland oder Frankreich gegründet.
Betroffene Kunden wurden schon bald nach Bekanntwerden der Brexit-Pläne darüber informiert, dass der Vertrag unverändert auf diese Unternehmen übergeht. Wer noch nicht informiert wurde, sollte schriftlich anfragen, welche Maßnahmen der Versicherer ergriffen hat.
ZUR PERSON: Karolina Wojtal ist Juristin und Projektleiterin mit dem Schwerpunkt Versicherungen und Finanzen beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) mit Sitz in Kehl.
Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa/tmn)