Köln – Kinder haben beim Erben grundsätzlich Anspruch auf einen Pflichtteil. Verschenkt der Erblasser einen Teil seines Vermögens, können Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht werden. Allerdings liegt hier die Tücke im Detail.
Verstirbt die beschenkte Tochter vor der Erblasserin und macht deren Sohn stattdessen den Pflichtteil geltend, lösen die Schenkungen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche aus. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) München (Az.: 20 U 2354/18), wie die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
In dem verhandelten Fall starb eine Frau 2012 und hinterließ neben ihrem Sohn einen Enkel, nämlich den Sohn ihrer bereits im Jahre 2009 verstorbenen Tochter. Mit ihrem Sohn hatte die Erblasserin 1984 einen Erbvertrag geschlossen. Hierin hat sie ihn zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Ihrer Tochter hatte sie später Zuwendungen von mehr als 60.000 Euro gemacht. Der Enkel machte nach dem Tod seiner Großmutter Pflichtteilsansprüche geltend. Wegen der Zuwendungen an seine Mutter machte er zusätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend.
Zu Unrecht, urteilen die Richter: Der Enkel ist pflichtteilsberechtigt, da er an die Stelle seiner Mutter getreten ist. Wird zu Lebzeiten des Erblassers der Nachlass durch Schenkungen an Dritte geschmälert, würde dadurch auch der Anteil verringert, der dem Pflichtteilsberechtigten zusteht. Um das zu verhindern, gewährt das Gesetz einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Schenkungen an die Mutter unterliegen aber nicht der Pflichtteilsergänzung. Denn die Mutter war zum Zeitpunkt der Schenkungen selbst pflichtteilsberechtigt. Somit wurde hier nichts an Dritte geschenkt.
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(dpa/tmn)