Frankfurt – Es passiert von jetzt auf gleich. Jeder kann Opfer einer Gewalttat werden – und dabei einen gesundheitlichen Schaden erleiden. Was Betroffene oft nicht wissen: Sie haben Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
«Voraussetzung ist, dass es sich um einen vorsätzlichen, rechtswidrigen und tätlichen Angriff auf die eigene Person handelt», sagt Prof. Hermann Plagemann. Der Sozialrechtler ist Vorsitzender des Ausschusses Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein. Als gesundheitlicher Schaden gelten nicht nur Verletzungen körperlicher Art, sondern auch psychische Beeinträchtigungen.
Nicht nur unmittelbares Opfer hat Anspruch
Ansprüche geltend machen können etwa auch Kinder, die sexuell missbraucht wurden. «Menschen, die eine Gewalttat miterleben und dadurch einen Schockschaden erleiden, sind ebenfalls anspruchsberechtigt», erklärt Julia Lorenz vom Sozialverband VdK Deutschland in Berlin.
Wer dabei hilft, einen Angriff abzuwehren und verletzt wird, kann ebenfalls Entschädigung beantragen. Auch Angehörige – Witwen oder Witwer, Waisen, Eltern und Großeltern – können unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen erhalten.
Berechtigte müssen Antrag stellen
Leistungen bekommen Betroffene nur auf Antrag. Anlaufstelle ist das Versorgungsamt des Bundeslandes, in dem sich die Tat ereignet hat. Betroffene können ein bundeseinheitliches Antragsformular ausfüllen. Wichtig sind die Angabe von Tatort und Tatzeit, persönlichen Daten und eine Beschreibung des Tathergangs.
Wer Leistungen nach dem OEG beantragen möchte, muss dafür nicht das Ergebnis eines laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahrens abwarten. «Nicht einmal eine Strafanzeige ist eine zwingende Voraussetzung, um Leistungen gewährt zu bekommen», so Plagemann.
Möglichst frühzeitige Antragstellung
Betroffene sollten einen Antrag auf Entschädigung möglichst frühzeitig stellen. Denn Leistungen ab dem Zeitpunkt der Tat werden nur bewilligt, wenn der Antrag binnen eines Jahres nach der Gewalttat bei der zuständigen Behörde eingeht. Der Tathergang sollte so detailliert wie möglich geschildert werden.
Wird der Antrag bewilligt, bekommt der Betroffene zum Beispiel eine Heilbehandlung bezahlt, die im Vergleich zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ein Mehr darstellt. «Hat das Opfer bei der Gewalttat etwa mehrere Zähne verloren, wird auch der Anteil gezahlt, für den der Versicherte regulär selbst aufkommen müsste», erklärt Plagemann. Betroffene können sich zudem in einer Traumaambulanz behandeln lassen. Damit soll verhindert werden, dass die psychischen Folgen der Gewalttat sich als Gesundheitsstörung verfestigen.
Vielseitige Hilfestellung
Auch bestehen unter anderem Ansprüche auf Krankengeld, Heil- und Hilfsmittel sowie Rehabilitationsmaßnahmen. «Diese Leistungen gehen häufig über das hinaus, was die gesetzliche Krankenversicherung zahlt», sagt Lorenz. Eigenbeteiligungen fallen nicht an, oft gibt es auch keine Leistungsausschlüsse.
Bei Pflegebedürftigkeit hat der Betroffene Anspruch auf finanzielle Hilfen, die ebenfalls über die Grundversorgung der Pflegeversicherung deutlich hinausgehen. Bei Gesundheitsschäden, die mindestens sechs Monate andauern und einen gewissen Umfang erreichen, gibt es eine einkommensunabhängige Grundrente.
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(dpa/tmn)