Berlin – Ist ein Sparbuch der einzige Nachlassgegenstand, so darf die Erbengemeinschaft es nur durch einstimmigen Beschluss kündigen. Dies gilt auch, wenn einer der Miterben lange Zeit nicht ausfindig zu machen ist, wie das Kammergericht Berlin entschieden hat (Az.: 4 U 24/17).
Der Fall, über den die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet: Mehrere Personen erbten gemeinsam ein Sparbuch. Einer von ihnen verstarb. Zehn Jahre lang ließ sich nicht feststellen, wer rechtlich an seine Stelle tritt. Die verbliebenen Miterben haben zusammen eine Erbquote von 75 Prozent. Sie beschließen gemeinsam, das Sparbuch aufzulösen und verlangen von der Bank Auszahlung des Guthabens.
Nachlass darf nicht wesentlich verändert werden
Zu Unrecht, urteilten die Richter in Berlin. Mit der Kündigung des Sparbuchs verfügen die Miterben über einen Nachlassgegenstand. Solche Verfügungen können nach dem Gesetz nur durch einstimmigen Beschluss aller Miterben erfolgen. Die Tatsache, dass einzelne Miterben nicht ausfindig zu machen sind und deshalb eine einstimmige Entscheidung scheitert, ändert daran für sich genommen nichts.
Zwar hat der Bundesgerichtshof die Kündigung eines Mietverhältnisses über eine zum Nachlass gehörende Sache mit Stimmenmehrheit als wirksam angesehen (Az.:
XII ZR 210/05). Dies aber nur dann, wenn die Kündigung eine Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung ist und den Nachlass nicht wesentlich verändert.
Mit der Sparbuch-Kündigung wird alles aufgelöst
Die Kündigung des Sparbuches und die anschließende Verteilung des Vermögens führen allerdings zur Auflösung des Sparbuches und sind deshalb keine Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, so das
Kammergericht Berlin.
Da der Nachlass ausschließlich aus diesem einen Sparbuch besteht, wird durch die Kündigung letztlich der komplette Nachlass aufgelöst und auseinandergesetzt und damit in seinem Wesen verändert. Damit scheidet auch die Auszahlung von 75 Prozent des angelegten Geldes an die bekannten Erben aus – denn auch dafür müsste das Sparbuch gekündigt werden.
Fotocredits: Oliver Berg
(dpa/tmn)