Düsseldorf – Bei Sonnenschein ist alles gut. Dann können Anleger, die in Katastrophen-Anleihen, sogenannte Cat-Bonds, investieren, auf hohe Renditen hoffen – mitunter zehn Prozent sind drin. Denn bei diesen Anleihen spekulieren Anleger auf das Wetter.
Das Ganze funktioniert so: Der Investor kauft ein Wertpapier, dessen Verzinsung und Rückzahlung an ein bestimmtes Wetterereignis gebunden ist. Ein Beispiel: Bis Ende des Jahres gibt es in Japan kein Erdbeben der Stärke 7,0 oder mehr. «Tritt diese Naturkatastrophe bis dahin nicht ein, erhält der Anleger am Ende der Laufzeit sein Geld zurück, sowie die versprochene Rendite wird ausgezahlt», erläutert Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Allerdings gibt es auch eine Kehrseite: «Erschüttert das Erdbeben die gewählte Region innerhalb der Laufzeit doch, verlieren Anleger ihr investiertes Kapital – bis hin zu einem Totalverlust», warnt Scherfling. Der Grund: Die Herausgeber der Anleihen sind meist Versicherungen – also Unternehmen, die im Fall einer Naturkatastrophe Leistungen erbringen müssen. Sie verteilen ihr Risiko mit diesen Papieren auf den Kapitalmarkt und federn so hohe Schadenszahlungen ab, die durch Stürme, Starkregen oder Erdbeben entstehen.
Allein 2015 lag die Schadensbilanz der Sach- und Kfz-Versicherer in Deutschland bei knapp 2,6 Milliarden Euro. Die Summe lässt sich nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) überwiegend auf Sturm- und Hagelschäden zurückführen. Als im Frühsommer 2016 Starkregen auf große Teile Süddeutschlands niederprasselte, entstanden zum Beispiel Schäden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro.
«Mit den Wertpapieren sichern sich die Versicherungen sozusagen ab. Denn das Geld der Anleger wandert in einen großen Topf, auf den der Herausgeber der Papiere im Schadensfall zugreifen kann», erklärt Scherfling. Anleger profitieren meist nur, wenn die Versicherer im festgelegten Zeitraum keine Schäden regulieren müssen – sie also nicht auf das Geld zugreifen müssen. Ansonsten können die Verpflichtungen des Emittenten gegenüber dem Anleger entweder ganz aufgehoben oder aufgeschoben sein – je nach Konditionen der Anleihen.
In der Regel werden die Papiere außerbörslich gehandelt. «Für die Wertentwicklung der Cat-Bonds sind allein die Wetterereignisse entscheidend. Die Anleihen funktionieren also unabhängig von Entwicklungen an der Börse oder auf dem Immobilienmarkt», erklärt Daniela Bergdolt von der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV).
Das kann insbesondere in der Niedrigzinsphase ein Vorteil sein: Denn die gutverzinsten Papiere entwickeln sich unabhängig von anderen Zinsentwicklungen und Anlageklassen – sie sorgen also für mehr Vielfalt im Depot. Zumal Zinszahlung und Tilgung bei diesen Anleihen nicht von der Bonität des Gläubigers abhängen.
Trotz dieser Vorteile sind sich Bergdolt und Scherfling einig: Cat-Bonds sind in erster Linie für institutionelle Anleger – und weniger für Privatpersonen – geeignet. «Die Produkte sind hochspekulativ», warnt Bergdolt. «Denn zusätzlich zu dem Totalverlustrisiko gehen Anleger bei Anleihen auch ein Emittentenrisiko ein.»
Das bedeutet: Wenn der Herausgeber der Wertpapiere Pleite geht, ist meist auch das Geld des Anlegers weg. Bislang seien zwar noch keine Cat-Bonds geplatzt, dennoch gibt Bergdolt zu bedenken: «Die Gefahr der Niedrigzinsphase besteht darin, dass Anleger auf der Suche nach Renditen ein viel zu hohes Risiko eingehen.» Scherfling stimmt zu: «Für die Altersvorsorge oder den Vermögensaufbau von Privatpersonen sind die Katastrophen-Anleihen nicht geeignet.»
Wer dennoch das Risiko eingehen will und mögliche Verluste finanziell verkraften kann, braucht laut Scherfling genügend Fachwissen: «Sie müssen das Produkt verstehen und genau wissen, wann das investierte Geld zurück gezahlt wird und wann nicht», sagt er.
Außerdem sollten Privatanleger nicht in Einzelanleihen investieren: «Die Katastrophen-Anleihen werden in einer relativ hohen Stückelung gehandelt – sie sind also für Kleinanleger in der Regel nicht erschwinglich», sagt Bergdolt. Nach Angaben der Rückversicherungs-Gesellschaft Munich RE in München variiert die individuelle Stückelung – üblicherweise liege sie aber im sechsstelligen Bereich.
Statt einzelne Anleihen zu zeichnen, gibt es eine Alternative: «Besser das Geld splitten und beispielsweise über Fonds in diese Anleihen investieren, um Risiken zumindest ein Stück weit systematisch zu reduzieren», sagt Scherfling. Und auch dann sollten Anleger die Papiere nur als Beimischung im Depot verwenden. Denn letztlich gehen sie dabei eine Wette ein, die sie auch verlieren können. Zumal Schätzungen zufolge Naturkatastrophen in Zukunft eher weiter zunehmen werden.
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(dpa/tmn)