Kassel – Jobcenter müssen Hartz-IV-Empfängern die Anschaffungskosten für Schulbücher erstatten. Das geht aus zwei Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hervor. Geklagt hatten zwei Familien aus Niedersachsen.
Dort herrscht keine Lernmittelfreiheit in der Oberstufe, Schüler müssen Schulbücher kaufen. Laut den Kasseler Richtern ist im Regelsatz, also dem Geld für den monatlichen Lebensunterhalt, ein Betrag für Schulbücher eingerechnet. Dieser sei mit drei Euro aber «strukturell zu niedrig für Länder, in denen Schüler Lernmittel selber zahlen müssen». (Az.: B 14 AS 6/18 R, B 14 AS 13/18 R)
Geklagt hatten Bezieher von Arbeitslosengeld II aus dem Landkreis Celle und aus Hildesheim. Sie hatten beim Eintritt in die elfte Klasse Schulbücher für 180 und 200 Euro angeschafft. Die Jobcenter lehnten eine Übernahme der Kosten ab, weil Schulbücher im Regelbedarf berücksichtigt seien beziehungsweise die Anschaffung von gebrauchten Büchern oder das Ansparen des Betrags zumutbar seien.
Bereits das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte den klagenden Familien Recht gegeben und einen Härtefall-Mehrbedarf gesehen. Diese Regelung greift in Sondersituationen, in denen ein höherer Bedarf auftritt und der Regelbedarf nicht reicht. Der Fall aus Celle wurde allerdings ans Landessozialgericht zurückverwiesen, weil die Höhe des Erstattungsbetrags strittig ist.
Ob und welche Lernmaterialien Schüler selbst anschaffen müssen, ist laut dem Bundessozialgericht in den Bundesländern völlig unterschiedlich. Auch die Bildungsgewerkschaft GEW habe keinen Überblick, sagte eine GEW-Sprecherin auf Anfrage. Die Gewerkschaft will aber eine Studie in Auftrag geben, um die Situation und die Benachteiligung von Schülern zu untersuchen.
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(dpa)