Wiesbaden – Gute Nachrichten für Verbraucher: Der massive Rückgang der Energiepreise in der Corona-Krise dämpft die Teuerung in Deutschland deutlich. Seit nunmehr drei Monaten schwächt sich der Preisauftrieb ab.
Im Mai sank die
Inflation auf den tiefsten Stand seit fast vier Jahren: Die Verbraucherpreise lagen um 0,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bestätigte. Ein so niedriger Wert war zuletzt im September 2016 ermittelt worden. Von April auf Mai 2020 sanken die Verbraucherpreise um 0,1 Prozent.
Und die Inflation könnte sich noch mehr der Nullmarke annähern: Sollte die jüngst von der Bundesregierung beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer vollständig an die Konsumenten weitergegeben werden, dürfte dies nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker einen Rückgang der Verbraucherpreise um rein rechnerisch 1,6 Prozent verursachen.
Keine Entlastung bei Wohnungsmieten
Allerdings weisen die Experten zugleich darauf hin, dass die Preisentwicklung auch von vielen anderen Effekten bestimmt wird. Zudem seien zum Beispiel Wohnungsmieten, die etwa ein Fünftel der Konsumausgaben der privaten Haushalte ausmachen, nicht von der Steuersenkung begünstigt.
Nach dem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD soll eine reduzierte Mehrwertsteuer dafür sorgen, dass viele Einkäufe im Supermarkt, Möbelhaus oder Elektromarkt für ein halbes Jahr günstiger werden. Der Steuersatz soll vom 1. Juli bis zum 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent verringert werden. Der ermäßigte Satz, der zum Beispiel für viele Lebensmittel gilt, wird von 7 auf 5 Prozent reduziert. Das Gesetz soll nun im Eilverfahren beschlossen werden.
Im Mai verbilligten sich Haushaltsenergie und Sprit im Vergleich zum Vorjahresmonat nach Angaben des Bundesamt um insgesamt 8,5 Prozent. Der Rohölpreis ist seit Monaten unter Druck. Mit dem weitgehenden Stillstand der Wirtschaft in vielen Ländern infolge der Corona-Pandemie sank die Nachfrage nach dem Rohstoff, der Preisverfall verschärfte sich.
Heizöl bis zu 30,5 Prozent günstiger als im Vorjahr
An Heizöl zum Beispiel kamen Verbraucher in Deutschland im Mai 30,5 Prozent günstiger als vor Jahresfrist, die Kraftstoffpreise sanken um 20,7 Prozent. Nahrungsmittel hingegen verteuerten sich überdurchschnittlich um 4,5 Prozent.
Die Inflationsrate ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpolitik der
Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank strebt für den gesamten Euroraum mit seinen 19 Ländern mittelfristig eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder auf breiter Front sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher verleiten, Investitionen aufzuschieben. Das kann die Wirtschaft bremsen.
Im Euroraum rutschte die Inflation nach jüngsten Daten des Statistikamtes
Eurostat im Mai Richtung Nulllinie: Die Verbraucherpreise lagen nur um 0,1 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Das ist die niedrigste Inflationsrate seit Juni 2016.
Volkswirte rechnen trotz milliardenschwerer Rettungspakete von Regierungen und Zentralbanken nicht damit, dass sich daran schnell etwas ändert. Eines ihrer Argumente: Die Corona-Krise dürfte die Lohnentwicklung und die Konsumnachfrage dämpfen. Die EZB prognostiziert für das Gesamtjahr 2020 einen drastischen Konjunktureinbruch im Euroraum infolge der Corona-Krise und eine Teuerung von gerade einmal 0,3 Prozent.
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(dpa)