Celle – Eine Gehbehinderung steht dem Anspruch auf einen Blindenhund nicht grundsätzlich entgegen. Nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen kann eine Krankenkasse sehbehinderten MS-Kranken einen Blindenhund nicht einfach verweigern (Az.: L 16/1 KR 371/15).
Kassen müssten vielmehr für eine humane Krankenbehandlung sorgen, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Der Fall: Die 73-jährige Frau ist wegen ihrer MS-Erkrankung gehbehindert. Sie war bisher mit einem Blindenlangstock und einem Rollator versorgt. Da sie wegen der Kombination aus Gehbehinderung und Blindheit Schwierigkeiten beim Finden von Eingängen, Briefkästen, Geschäften und bei der Straßenüberquerung hatte, beantragte sie bei ihrer Krankenkasse einen Blindenführhund. Die Krankenkasse verweigerte ihr dies. Aufgrund ihrer schwerwiegenden körperlichen Erkrankung könne sie keinen Blindenhund führen. Sie habe nicht die nötige Kondition und könne auch einen Hund nicht adäquat versorgen.
Das Urteil: Die Klage der Frau war erfolgreich. Die Krankenkasse musste ihr einen Blindenhund bewilligen. Für die Versorgung mit einem Blindenhund komme es auf die medizinische Notwendigkeit im Einzelfall an. Laut Gutachten von Ärzten und Hundeführern kann die Frau trotz der Gehbehinderung einen Blindenhund führen. Wegen des Rollators sei vielmehr ein Blindenstock nicht ausreichend nutzbar. Demgegenüber sei eine Kombination aus Rollator und Blindenhund technisch realisierbar und für die Frau auch praktikabel. Von der ausreichenden körperlichen Grundkonstitution ließ sich das Gericht nicht nur durch Gutachter überzeugen. Die Frau überzeugte das Gericht auch durch einen Gehversuch auf dem Gerichtsflur.
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(dpa/tmn)