«Fintech»: Neue Fianzdienste im Netz

Berlin (dpa) – Die Musik- und Medien-Branche wurde bereits radikal vom Internet umgekrempelt. Der Wandel in der streng regulierten Finanzindustrie geht dagegen etwas schwerfälliger vonstatten. Doch auch hier wächst der Druck auf die Banken-Bastionen.

Manche Beobachter sagen schon voraus, dass die traditionellen Unternehmen von den neuen Fintech-Start-ups überrollt werden könnten. Dass die Industrie bei dem bereits eingesetzten Wandel noch einiges mitbestimmen wird, schätzt dagegen der Vizepräsident des Bitkom, Ulrich Dietz.

Online-Banken: Seit jeher gehörte zum Bild einer Bank ein Netz von Filialen. Mit dem Internet ist es möglich, alles online zu erledigen – selbst bei der Kontoeröffnung hält man den Personalausweis vor die Kamera. So kann eine Bank massiv Geld sparen. Laut
Bitkom führt fast ein Drittel der Verbraucher die Bankgeschäfte inzwischen ausschließlich über das Web.

Zugleich hat das Modell seine eigenen Kostenfallen für die Anbieter und ist eine Herausforderung beim Kundenservice, wie man jüngst bei der Berliner Firma
Number26 sehen konnte. Das Unternehmen kündigte einigen Kunden, weil sie sehr häufig Geld abgehoben hätten – das ist für sie kostenlos, aber die Online-Bank muss jedes Mal Gebühren bezahlen. Weil sich Number26 Zeit mit einer Erklärung ließ, gab es Kritik im Internet.

Andere Anbieter wie MyBucks wollen mit Hilfe von Internet-Technologie Kunden mit kleinem oder mittlerem Einkommen in wachstumsstarken Schwellenländer optimierte Kredite vermitteln. Um die Bonität und Kreditwürdigkeit der Kunden zu prüfen, setzt das Unternehmen technologie-basiertes Scoring und selbstlernende Algorithmen ein. Damit solle der «Teufelskreis der Armut» durchbrochen werden.

Peer-to-Peer-Kredite: Man muss sich das Geld nicht unbedingt von einer Bank leihen, wenn andere Menschen nach einer Anlagemöglichkeit suchen – das ist die Geschäftsidee. Online-Plattformen wie LendingClub, Auxmoney oder Lendico wollen die Seiten zusammenbringen, Algorithmen sollen das Ausfallrisiko kleinhalten. Das Versprechen sind niedrigere Zinsen für Kreditnehmer und höhere für Sparer.

Auch hier ist der Verzicht auf klassische Infrastruktur ein wichtiger Kostenfaktor: «Wir brauchen keine Bankentürme», sagen die Manager. Zencap schloss sich im Oktober mit Funding Circle zum größten Vermittler zwischen Investoren und kreditsuchenden Firmen zusammen. Zugleich ist auch das neue Geschäft nicht frei von Problemen: Der Pionier LendingClub wurde vom Vorwurf finanzieller Unregelmäßigkeiten erschüttert, Gründer Renaud Laplanche trat zurück.

Geldanlage: Neben Peer-to-Peer-Krediten gibt es noch andere Möglichkeiten, wie Sparer Geld bei Fintechs anlegen können. So nutzen Anbieter wie Weltsparen die Zinsdifferenz zwischen verschiedenen Ländern für Anlage-Chancen außerhalb des Heimatlandes.

Günstige Internationale Überweisungen: Überweist man Geld von einem Land ins andere, werden oft relativ hohe Gebühren fällig. Start-ups wie Transferwise aus London sahen darin eine Marktlücke und bieten den Service günstiger an.

Mobile Payment: Auf den ersten Blick ist es egal, ob man beim Bezahlen eine Bankkarte nutzt oder ein Smartphone vor das Lesegerät hält. Doch damit können zum einen die Geldströme im Hintergrund anders verlaufen – die Mobil-Zahlungen werden oft von Kreditkartenfirmen wie Mastercard oder Visa abgewickelt. Zum anderen vermuten Experten, dass damit die Kundenbindung zur Hausbank geschwächt werden kann, unter anderem weil sie weniger präsent ist. Eine andere Lösung sind Kartenleser, die Smartphones oder Tablets zu Kassengeräten machen. Kleine Unternehmen sollen damit auch mehr Daten der Kunden nutzen können, die sie bei Bar-Zahlungen nicht erhalten.

Überweisung innerhalb von Apps: Schnell den Anteil an einem Abendessen überweisen – dafür will man sich keine großen Umstände mit dem Eintippen langer Kontonummern machen. Dienste wie die ehemalige Ebay-Tochter PayPal lassen dafür direkt in der App Geld schicken.

Onlinekauf auf Kredit: Das schwedische Start-up Klarna wurde damit groß, jetzt springt auch PayPal auf den Zug auf – statt einer Bank ermöglichen Online-Firmen das Einkaufen auf Pump im Internet.

Blockchain: Der Technologie der Digital-Währung Bitcoin wird zugetraut, herkömmliche Verfahren zur Absicherung des Zahlungsverkehrs abzulösen. Das Prinzip ist, dass verschlüsselte Daten über alle Transaktionen nacheinander gespeichert werden (daher auch der Name «Blockchain», Kette von Blöcken). Da die gesammelten Informationen an vielen Orten aufbewahrt und jedes Mal abgeglichen werden, fallen eventuelle Manipulationen sofort auf. Neben Start-ups schauen sich auch traditionelle Institute die Technologie an. Ein Nachteil des Systems ist die ständig wachsende Größe der Blockchain, die jedes Mal übermittelt werden muss.

Fotocredits: Ben Hider

(dpa)