Ende der Zins-Talfahrt bei Lebensversicherungen in Sicht

Frankfurt/Main – Lichtblick für Millionen Lebensversicherungskunden: Sie können auf ein Ende der Zins-Talfahrt bei dem Altersvorsorge-Klassiker hoffen.

«Die Talsohle müsste allmählich erreicht sein. Im kommenden Jahr dürfte die Verzinsung im Schnitt weitgehend konstant bleiben», sagt Branchenexperte Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata.

Einige Unternehmen wie
Axa Deutschland, die Deutsche Beamtenversicherung Leben (DBV) oder die
Nürnberger Lebensversicherung haben bereits angekündigt, die laufende Verzinsung 2019 stabil zu halten. Andere dürften folgen.

Garantiezins und Überschussbeteiligung

Die für die Kunden wichtige Kennziffer ergibt sich aus dem Garantiezins und der sogenannten Überschussbeteiligung, über deren Höhe die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu entscheiden. Wegen der Zinsflaute fällt es den Assekuranzen immer schwerer, die hohen Versprechen von einst an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften. Die Folge: Die Überschussbeteiligung sinkt im Schnitt seit geraumer Zeit. Das Zusatzplus im Alter fällt daher geringer aus, als von vielen Verbrauchern erhofft.

Hinzu kommt der Garantiezins, der seit Anfang 2017 für Neuverträge bei mageren 0,9 Prozent liegt. Vor der Jahrtausendwende hatte die Branche Kunden noch mit Garantien von bis zu 4 Prozent gelockt. Diese müssen die Unternehmen auch in der Zinsflaute erfüllen. Für neue Verträge wurden die Garantien auf Geheiß der Bundesregierung jedoch nach und nach zurückgeschraubt. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil, den der Versicherer nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten sowie dem Beitrag für einen Todesfallschutz anlegt.

Konstante Überschüsse

«Wir erwarten in der Breite keine weiteren starken Kürzungen bei der Überschussdeklaration», sagte Henning Kühl, Chefaktuar des Lebensversicherungs-Aufkäufers Policen Direkt, jüngst. «Besonders finanzstarken Versicherern trauen wir zu, dass sie ihre Überschüsse konstant halten.» Im vergangenen Jahr habe sich die Lage der Branche zwar weiter verschärft. Jetzt aber winkt eine milliardenschwere Erleichterung.

Wegen der Niedrigzinsen müssen die Versicherer seit 2011 einen milliardenschweren Kapitalpuffer aufbauen, um die hohen Garantie-Versprechen der Vergangenheit abzusichern. Dieses Geld kann nicht an die Kunden ausgeschüttet werden.

Seit diesem Jahr soll der Kapitalpuffer nach einer Entscheidung der Bundesregierung nun langsamer aufgebaut werden. Nach Schätzungen von Assekurata werden 2018 etwa 7 bis 8 Milliarden Euro fällig, ohne die Änderung wären es rund 22 Milliarden Euro gewesen. Das verschafft den Unternehmen Luft. «Beim alten System würden die Überschüsse in vielen Fällen deutlich sinken», erläutert Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Steigende Renditen nicht für alle

Bis die Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers auf breiter Front wieder steigt, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Zudem können nicht alle Kunden auf steigende Renditen hoffen. Bei lukrativen Altpolicen mit einer Garantie von 4 oder 3,25 Prozent dürfte sich in Zukunft nicht viel tun, sagt Heermann voraus. «Je jünger der Vertrag ist und je geringer damit die Rendite, desto größer ist die Chance, dass die Verzinsung in der Zukunft wieder steigt.»

Viele Assekuranzen bieten in der Zinsflaute inzwischen gar keine Produkte mit klassischem Garantiezins an. Sie setzen im Neugeschäft auf Verträge, die lediglich den Erhalt der eingezahlten Beiträge ganz oder teilweise zusagen. Dafür sollen sie eine etwas höhere Rendite abwerfen. Verbraucherschützer Gatschke kritisiert allerdings die aus seiner Sicht mangelnde Vergleichbarkeit der Produkte und Intransparenz. «In vielen Fällen ist es noch schwieriger als bei klassischen Kapitalleben- und Rentenversicherungen nachzuvollziehen, was der einzelne Kunde rausbekommt.»

Fotocredits: Armin Weigel
(dpa)

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