Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat die gesetzlich verfügte Tarifeinheit in Betrieben gekippt. Mit dem Gesetz fällt das letzte Überbleibsel der betriebsrechtlichen Regelungen aus den fünfziger Jahren. Die Entscheidung des Gerichts wurde mit gemischten Reaktionen empfangen, so zeigten sich beispielsweise die Vorsitzenden des DGB wenig erfreut.
Die Tarifeinheit in Betrieben war eine veraltete Reglung, die dringend reformiert werden musste. Diese Meinung vertreten die Arbeitsrichter in Erfurt. Sie begründeten das umstrittene Urteil mit der Feststellung, dass kein Grundsatz dafür existiere, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse der gleichen Art in einem einzelnen Unternehmen nur einheitliche Tarifregelungen praktiziert werden könnten. Prinzipiell sind ab sofort unterschiedliche Arbeitsreglungen in einem Betrieb in Deutschland auch parallel möglich.
Tarifeinheit in Betrieben geht zu Ende – Ein historisches Urteil
Die neue Reglung verspricht mehr Freiheit für Angestellte, und genau das scheint vielen ein Dorn im Auge zu sein. Man fürchtet sich vor chaotischen Zuständen wie in England in den siebziger Jahren. Der Betriebsfrieden soll nicht durch konfuse Reglungen durcheinander gebracht werden, in diese Richtung scheint die Meinung der Betriebsräte zu tendieren.
Die Entscheidung der Richter in Erfurt ist ein deutlicher Erfolg für den Marburger Bund, und somit auch für andere kleinere Gewerkschaften. Ein Arzt hatte aufgrund der für ihn unzulässigen Änderungen in einem Vertrag mit Verdi geklagt, und Recht bekommen. Da seine Gewerkschaft, der Marburger Bund, die Änderungen nicht unterschieben hatte, trafen diese auch für ihn nicht zu.
Keine Tarifeinheit in Betrieben – Chaos vorprogrammiert?
Der Bundesverband der Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund waren sich seltenerweise einig, das die Entscheidung in Erfurt nichts gutes bedeuten wird. Der Grund liegt klar auf der Hand, den kleine Gewerkschaftsgruppen wie die Lokführer oder Piloten erhalten nun mehr Macht, und können dem DGB gehörig zusetzen.
Die Befürchtungen, das Deutschland in „englischen Zuständen“ versinken könnte, sind realistisch betrachtet eher abstrus. Die Abschaffung der rechtlich nicht tragbaren Reglung bedeutet nicht den Ausbruch von Chaos und Streiks, sondern lediglich mehr Verhandlungsarbeit für die grossen Instanzen. Das diese einen solchen Wandel nicht gerne akzeptieren werden, steht natürlich ausser Frage.