Der Arbeitskampf an den deutschen Logistik-Standorten des Konzerns Amazon gewinnt an Schärfe. Die Gewerkschaft ver.di dringt auf bessere Arbeitsbedingungen und setzte bereits mehrmals das Mittel des Streiks ein. Ein Teil der Belegschaft distanziert sich aber von diesem Vorgehen und unterstützt den Kurs der Konzernführung.
Unterschriftenkampagne gegen ver.di
Seit einigen Monaten schwelt der Tarifkonflikt zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und Amazon Deutschland. Vor allem an den beiden Standorten Leipzig und Bad Hersfeld, an denen der Konzern Logistikzentren betreibt, mobilisiert die Gewerkschaft ihre Mitglieder. So kam es mitten im Weihnachtsgeschäft zu Arbeitsniederlegungen. Zudem weist ver.di in zahlreichen öffentlichen Aktionen auf Missstände innerhalb des Unternehmens hin. Die Konfliktlinien verlaufen aber nicht nur zwischen Belegschaft und Konzernführung, die Strategie der Gewerkschaft spaltet auch die Mitarbeiterschaft. Über 1.000 Beschäftigte von Amazon unterschrieben nun ein Manifest gegen ver.di. Die Unterzeichner werfen den Gewerkschaftsvertretern Übertreibungen und Rufschädigung vor. Sie wollen auch mit T-Shirt-Aktionen auf ihre Meinung aufmerksam machen. Sprecher von ver.di zeigten sich verwundert. Sie mutmaßen, dass es sich bei den Unterstützern größtenteils um Aushilfen handele und diese sich mit der Unterschrift einen festen Arbeitsvertrag erhoffen würden. Die Initiatoren bestreiten dies.
Der Kern des Konflikts: Welcher Tarifvertrag soll gelten?
Beim Streit zwischen ver.di und Amazon geht es um Grundsätzliches: um die Frage der Sozialpartnerschaft. Gewöhnlich setzen sich Gewerkschaften mit Arbeitgebern über die Inhalte eines Branchentarifvertrags auseinander. Hier liegt der Fall anders: Amazon hat eigenmächtig entschieden, dass die Firma den Branchentarifvertrag für Logistikbeschäftigte anwenden. Die Gewerkschaft weist das scharf zurück: Sie sieht in Amazon einen Versandhändler, der unter den für Mitarbeiter besseren Tarifvertrag für Einzelhändler fällt. Das würde zum Beispiel einen höheren Lohn für die Beschäftigten bedeuten. Amazon lehnt es weiterhin ab, auf dieser Grundlage Verhandlungen mit ver.di zu führen. Diese versucht deshalb, den Konzern mit Streiks dazu zu zwingen. Allerdings organisiert sie nur wenige Mitglieder, während Amazon zugleich viele Leiharbeiter und Aushilfen beschäftigt: Die Wirkung der Streiks hält sich darum in Grenzen.
Auseinandersetzung könnte noch lange andauern
Für ver.di stellt der Arbeitskampf bei Amazon ein Prestigeprojekt dar: Die Vertreter wollen zeigen, dass ein Konzern mit Gewerkschaften verhandeln muss und sich nicht einfach selbst einen günstigen Tarifvertrag aussuchen darf. Ver.di wird alles versuchen, diese Auseinandersetzung zu gewinnen. Auch Unterschriftenlisten von anderen Beschäftigten dürfte sie nicht aufhalten, der Streit dürfte noch einige Monate währen.
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