Stuttgart – Sicherheit steht bei Anlegern in Deutschland hoch im Kurs. Aus Angst vor Verlusten parken viele ihr Geld auf dem Sparbuch oder stecken es in Versicherungsprodukte.
Der Haken: «Absolut sicher ist keine Geldanlage», sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Interview mit dem dpa-Themendienst. «Denn selbst wenn der Kapitalerhalt garantiert wird, nagt die Inflationsrate an dem Wert des Geldes.»
Viele Anleger setzen hauptsächlich auf Sicherheit. Ist das die falsche Strategie?
Niels Nauhauser: Wer für den anstehenden Eigenheimerwerb Geld ansparen oder Reserven für absehbare Ausgaben anlegen möchte, will in der Regel größere Risiken vermeiden. Das ist dann auch nicht verkehrt. Sicherheit geht aber auch immer mit einer geringeren Renditechance einher. So konnte man seit 1970 mit monatlichem Sparen in sichere Geldanlagen wie Festgelder und ähnliches über einen 35-jährigen Zeitraum selbst im besten Fall nach Inflation keine höhere Rendite erzielen, als man im schlechtesten Fall mit einer Anlage in den Aktienindex Dax erzielt hätte. Wenn ich mir aber anschaue, was die Finanzindustrie Anlegern für überteuerte und fragwürdige Produkte verkauft hat, ist es nur verständlich, dass viele aus Angst vor Enttäuschungen und Verlusten mehr auf Sicherheit setzen.
Welche Rolle spielt das Risiko bei der Geldanlage?
Nauhauser: Risiko kann ganz unterschiedliche Dinge bedeuten. Versteht man darunter die Wahrscheinlichkeit, Geld zu verlieren? Oder den maximal möglichen Verlust? Davon hängt ab, mit welchen Geldanlagen man nachts noch ruhig schlafen kann. Vermeiden kann man Risiken nicht, aber man kann sie streuen. Wer das Glück hat, heute die Aktien eines Unternehmens zu kaufen, das in zehn Jahren in einem neuen Dienstleistungsmarkt zum Weltmarktführer aufsteigt, hat zwar die Chance auf riesige Gewinne, aber nur um den Preis extrem hoher Risiken. Wer stattdessen in 2000 Aktiengesellschaften weltweit investiert, hat über Dividenden und Kursgewinne Teil an ihrer Wertschöpfung, bei weitaus geringerem Risiko.
Wie viel Zeit sollte ich mir für die Anlage nehmen?
Nauhauser: Anlegern, die auf dubiose Angebote hereingefallen sind, wird oft vorgehalten, sie hätten sich nicht genug Zeit genommen. Und würden die sich mal so viel Zeit nehmen wie beim Neuwagenkauf, dann wäre das nicht passiert. Ich halte davon gar nichts. Das Problem ist nicht die fehlende Zeit, eine Entscheidung zu fällen, sondern die einseitig an den Interessen von Vermittlern und Banken ausgerichtete Beratung. Erst Vertrauen aufbauen, dann abkassieren. Alle preisen sie hohe Renditen an, alle verstecken die Risiken eher im Kleingedruckten und alle wollen Anlegern irgendwas verkaufen. Da muss man sich schon sehr gut auskennen, wenn man bei dem ganzen Zirkus noch den Durchblick behalten will.
Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa/tmn)