Womit Outlet-Center beim Kunden punkten

Düsseldorf – Modehäuser und Boutiquen in ganz Deutschland stöhnen unter der Internetkonkurrenz. Innenstädte leiden unter Kundenschwund. Doch eine Gruppe von Geschäften leistet erfolgreich Widerstand gegen den Siegeszug des Online-Handels: die Outlet-Center.

Wie das kleine gallische Dorf im Asterix-Comic gegen die Römer behaupten sich die oft auf der grünen Wiese gelegenen Schnäppchenparadiese erfolgreich gegen die Konkurrenz von Zalando, Amazon oder Asos. Dabei hilft ihnen allerdings kein Zaubertrank, sondern ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell.

Familienausflug plus Schnäppchenjagd

«Es geht überhaupt nicht um die Ware. Die Schränke der Verbraucher sind doch voll. Es geht darum, einen Tag unterwegs zu sein mit der Familie oder mit Freunden – und gemeinsam auf Schnäppchenjagd zu gehen», erklärt der Outlet-Experte Joachim Will von der Wiesbadener Unternehmensberatung Ecostra die Beliebtheit der Outlet Center. Er stützt sich dabei auf Umfragen unter den Besuchern.

Die Rabatte im Outlet-Center seien gar nicht der entscheidende Punkt, meint der Branchenkenner. Mit ein bisschen Suchen finde man viele der Produkte auch woanders zum gleichen oder sogar noch günstigeren Preis. Es gehe vielmehr um das Einkaufserlebnis. «Am Ende zeige ich meiner Frau oder meinen Freunden, was ich gefunden habe und bewundere die Schnäppchen, die sie gemacht haben. Und wir alle haben einen tollen Tag gehabt. Das ist das Erfolgsgeheimnis.»

Tatsache ist: Das Geschäft der Outlet-Center brummt. Während der klassische Modehandel in den Fußgängerzonen oft mit stagnierenden oder gar rückläufigen Umsätzen kämpft, drängeln sich in den Outlet-Centern vom Wertheim Village in Bayern, über die Outlet City Metzingen in Baden-Württemberg und das Designer Outlet Ochtrup in Nordrhein-Westfalen bis zum Style Outlet Halle-Leipzig in Sachsen-Anhalt die Kunden. Der spanische Outlet-Betreiber Neinver etwa verzeichnete in seinen beiden deutschen Outlet-Centern in Halle-Leipzig und im rheinland-pfälzischen Montabaur im ersten Halbjahr ein
Umsatzplus von 16 Prozent und einen Anstieg der Besucherfrequenz um 13 Prozent auf 1,6 Millionen Gäste.

BRD ist Schnäppchen-Entwicklungsland

Insgesamt 15 Outlet-Center mit einer Verkaufsfläche von zusammen knapp 235.000 Quadratmetern gibt es in Deutschland. Im europäischen Vergleich sind die Schnäppchen-Center damit in der Bundesrepublik eher dünn gesät. Allein in Großbritannien gibt es 37 Center, in Italien 25 und in Frankreich 23. Dabei haben alle drei Länder deutlich weniger Einwohner als die Bundesrepublik. Doch in Deutschland bremsen restriktive Bauvorschriften sowie Widerstand von Anwohnern und umliegenden Gemeinden, die um ihre Innenstädte fürchten, den Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Center.

Dennoch hat Branchenkenner Will keinen Zweifel daran, dass der Boom der Schnäppchenjägerparadiese anhält. Mittelfristig könne sich der Marktanteil der Outlet-Center am gesamten Modemarkt in Deutschland durch Neuansiedlungen und Erweiterungen mehr als verdoppeln – von derzeit etwa 2,3 auf gut 5 Prozent, prognostiziert er. Flächen- und umsatzmäßig legten die Outlet-Center immer weiter zu, so Ecostra.

Denn Outlet-Center sind nicht nur für Schnäppchenjäger attraktiv, sondern auch für Markenhersteller. Der Modehersteller Hugo Boss etwa erzielt nach eigenen Angaben inzwischen rund 20 Prozent seines Konzernumsatzes mit Outlet-Centern in aller Welt.

Gerade für die edlen Marken hätten die Billig-Shops eine wichtige Funktion, sagt Thomas Harms, Partner bei der Wirtschaftsberatung EY. Sie dienten dazu, Restposten aus dem Verkauf zu bekommen. «Im normalen Einzelhandel könnten große Namen nie soweit reduzieren, ohne ihrer Marke zu schaden.» Gleichzeitig seien sie eine Chance, über Angebote neues Publikum zu gewinnen, das sich dann über die Jahre doch die teuren Marken leisten kann.

Ware minderer Qualität im Angebot

Doch sind die Outlet-Stores für die Markenhersteller auch zunehmend als eigenständiger lukrativer Verkaufskanal interessant, wie Ecostra-Geschäftsführer Will betont. Selbst Rabatte von 25 Prozent oder mehr könnten sich für die Hersteller durchaus rechnen. Schließlich sparen sie durch den Direktverkauf in den Outlets die Händlermarge ein.

Ein wenig gemindert wird der Einkaufsspaß der Verbraucher allerdings immer wieder durch die Sorge, statt Restposten aus der Vorjahreskollektion extra produzierte Ware minderer Qualität verkauft zu bekommen. Tatsächlich ist die Sorge nicht ganz aus der Luft gegriffen, wie die Outlet-Experten von Ecostra nach Kontrollen im vergangenen Jahr bestätigten. Es handele sich aber «nur um wenige Einzelfälle und nicht um ein allgemeines Phänomen».

Fotocredits: Daniel Bockwoldt
(dpa)

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