Bonn/Wiesbaden – Eine neue Handtasche, ein schicker Bluetooth-Lautsprecher oder der Detox-Tee für 15 Euro? Wir treffen häufig Kaufentscheidungen, weil sich unser Gehirn davon einen positiven Effekt verspricht.
«Das Gehirn bewertet verschiedene Optionen und weist dann denen, von denen es sich am meisten verspricht, den höchsten Belohnungswert zu», erklärt Neurowissenschaftler Prof. Bernd Weber von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Was brauche ich wirklich?
Nach dem Konsum kommt es so zu einer Art Belohnung im Gehirn – einem Glücksgefühl. Teilweise schwenkt die anfängliche Freude nach dem Kauf aber in ein Gefühl des Bereuens um, wenn etwa unnötig Geld ausgegeben wurde. Die Lösung ist also vernünftiges Einkaufen – wobei das nicht auf Kosten des Spaßes geschehen muss. Es spricht nichts dagegen, sich hin und wieder etwas Schönes zu gönnen.
Um nachträglichen Unmut zu vermeiden, empfiehlt Finanzpsychologin Monika Müller aus Wiesbaden, genau zu überlegen, was mit einem Kauf erzielt werden soll. Soll Shopping nach der Arbeit etwa einen Ausgleich liefern, sei es ratsam zuerst nach den Ursachen der Unausgeglichenheit zu suchen. Zudem sollte man sich vorher Fragen stellen: «Brauche ich dieses Produkt wirklich? Und wenn ja: Brauche ich es jetzt?», rät Sylvia Groh von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer sich mit dem Kauf bis zum Schlussverkauf oder bis zur nächsten Saison gedulden kann, spart meist.
Einkauf zuhause planen
Nicht immer liegt es in der Macht des Kunden, einigermaßen rational eine Kaufentscheidung zu treffen. Lockangebote, Grabbeltische, auch eine besonders große Auswahl erschweren es, die Produkte sinnvoll zu vergleichen. Entscheidungen werden unterbewusst durch gezielte Präsentation oder Verpackungssignale beeinflusst. «Das Produkt, auf welches man zuerst schaut, hat einen Vorteil gegenüber anderen Produkten», erläutert Prof. Weber.
Auch hier gilt: Um nicht unnötig viel Geld auszugeben und sich nicht in die Irre führen zu lassen, sollte man sich überlegen, welche Produkte gebraucht werden. «Man ist zu Hause eher in der Lage, zu planen. Und es ist sehr gut belegt, dass man sich auch daran hält», erläutert der Neurowissenschaftler.
Lockangeboten aus dem Weg gehen
Beliebt sind Angebote wie «Drei für zwei» oder kleine Geschenke ab einem bestimmten Umsatz. Grundsätzlich sind solche Aktionen eine gute Gelegenheit, um weniger Geld auszugeben. Problematisch wird es, wenn man eigentlich nur ein Teil braucht, am Ende aufgrund des Super-Schnäppchens aber mehrere Produkte kauft – und mehr ausgibt. Hilft es auch, sich ins Gedächtnis zu rufen, was man bereits besitzt, und sich zu fragen, ob das Schnäppchen eine gute Ergänzung wäre.
Wem es schwer fällt, unterwegs den Besitz abzurufen, sollte sich einmal in Ruhe hinsetzen und alles aufschreiben, was im Haushalt ist. Das fängt bei dem Kleiderschrank an, geht über Technik und Küchengeräte und endet beim Inhalt des Kühlschranks. Das ist erstmal aufwendig, aber durchaus effektiv. Wer weiß, was man besitzt, kann Einkäufe wesentlich besser planen.
Verlockt Kartenzahlung eher zum Kauf?
Auch die Bezahlweise kann Auswirkung auf das Kaufverhalten haben. «Es gibt gute Studien, die belegen, dass man mit Bargeld dazu tendiert, weniger Geld auszugeben als mit Kartenzahlung», hebt Prof. Weber hervor. Auch Groh vermutet, dass bei der Kartenzahlung schneller die Kontrolle verloren geht, da man das Geld nicht sieht.
Trotz aller guten Ratschläge lässt sich das Konsumverhalten nicht von jetzt auf gleich ändern. Es dauert mehrere Monate, bis gewohnte Verhaltensmuster durchbrochen werden können. Prof. Weber und Müller sind sich aber einig: Hat man eine für sich relevante Motivation, fällt es leichter, eine neue Gewohnheit zu entwickeln.
Fotocredits: Franziska Gabbert,FCM Finanz Coaching,Verbraucherzentrale NRW,Christoph Kottmann,Uwe Anspach
(dpa/tmn)